In den meisten Unternehmen wird immer noch der- oder diejenige Führungskraft, der/die fachlich auffallend gute Leistungen bringt. Wer sagt eigentlich, dass diese Ingenieure, Kaufleute, Techniker auch gleichzeitig gute Führungskräfte sind? Führung ist meist kein Bestandteil der allgemeinen Ausbildung aber gute Führung kann gelernt werden.
Auf die Mütze kommt’s nicht an
Lesen Sie, was es heißt, führungskompetent zu sein und aus welchen Bestandteilen sich eine erfolgreiche Führungspersönlichkeit zusammensetzt.
Neulich bei einem Sondermaschinenbauer:
“Sönke, such uns jemanden der führungskompetent ist!”
“Ja, okay, was genau verstehst Du denn unter ‘führungskompetent’?”
“Na jemand, der halt gut führen kann.”
“Ah…okay…ich mach einen Entwurf für die Stellenanzeige und leg ihn dir nachher vor.”
‘Kommunikationsstark’, ‘teamfähig’, ‘durchsetzungsstark’, ‘authentisch’, ‘100% leistungsbereit’, ‘mit hoher technischer Kompetenz’…das sind ja alles so Begriffe, die man häufig in Stellenanzeigen liest, als Anforderungen an die Bewerber. Aber führungskompetent?
Führungskompetenz ist für sich allein stehend kein erklärender Begriff. Die Kompetenz zu führen setzt sich aus vielen Bausteinen zusammen.
Anders eben als ‘technisch kompetent’. Was ja allgemein heißt, das man keine zwei linken Daumen haben sollte.
Im Rahmen meines Lehrauftrages an der Technischen Hochschule Lübeck bin ich mit einer Gruppe Studierender die Frage durchgegangen, was eine ideale Führungskraft ausmacht. Hier die Ergebnisse:
WELTBILD:
Offen, liberal, ausgeglichen, realistisch, rational, positiv, kritisch hinterfragend
MENSCHENBILD:
Tolerant, ohne Vorurteile, nicht misstrauisch, humanistisch, alle Menschen sind gleich, wertschätzend
UNTERNEHMENSKULTUR:
Familiär, bottom-up, zukunftsorientiert, harmonisch, skandinavisch, flache Hierarchie (kurze Entscheidungswege)
WIE?
Mit dem big picture im Blick
1. positives Arbeitsklima schaffend
2. zielorientiert
3. konsequent
KOMPETENZEN:
1. Fachliche Kompetenz
2. Eindeutige Kommunikation
3. Gute Koordination
4. Soziale Kompetenz
5. Flexibilität
FÄHIGKEITEN:
1. Schnelle Auffassungsgabe
2. Durchsetzungsvermögen
3. Leute motivieren können
4. Streit schlichten können
5. Konstruktive Kritik geben können
EIGENSCHAFTEN:
1. Empathie
2. Pflichtbewusstsein
3. Zukunftsorientiert
4. Wertschätzend
5. Überzeugend
6. Fair
Für diese Gruppe der Studierenden ist eine Führungskraft also kompetent, wenn sie fachlich kompetent ist, eindeutig kommunizieren und gut koordinieren kann, wenn sie sozial kompetent und flexibel (1) ist.
Interessant fand ich an den Ergebnissen, das die fachliche Kompetenz an erster Stelle und als das wichtigste Kriterium für die Akzeptanz als Führungskraft genannt wurde. Das steht im Gegensatz zu mancher Meinung, dass Führungskräfte in erster Linie Generalisten sein müssen, die von allem ein wenig wissen sollten.
Das hinterfragt, meinten die Studenten, dass Führungskräfte in ihrem Gebiet eben mitreden können müssen. Ansonsten könne man die Führungskraft leicht veräppeln und ihr falsche Ergebnisse, Meinungen unterjubeln. Etwas, was eben nicht zur Akzeptanz beiträgt.
Fachliche Kompetenz alleine aber reicht auch nicht aus. Nicht jeder Fach-Spezialist ist auch gleich eine gute Führungskraft (2). Die vielen weiteren Anforderungen, die an eine ideale Führungskraft gestellt werden, sind ja exemplarisch aus der oben genannten Liste ersichtlich. Die Anforderungen gehen nämlich weit über fachliche Kompetenzen hinaus, sondern setzen sich zusammen aus einer bestimmten Mischung von Fähigkeiten, Eigenschaften, Menschen- und Weltbild sowie letztendlich auch der Umgebung, der Unternehmenskultur, in der eine Führungskraft tätig ist (3).
Quelle: Zusammenführung der Einzelarbeit ‘Die ideale Führungskraft’ in ein Gruppenbild, Seminar ‘Führung & Selbstmanagement’, Gruppe Möller, Sommersemester 2019, Technische Hochschule Lübeck
Die Mischung macht’s
Ob eine Führungskraft erfolgreich ist und als gut und erfolgreich wahrgenommen wird, hängt zum einen von den Ressourcen ab, die der Führungskraft zur Verfügung stehen und zum anderen von
der Unternehmenskultur und der jeweiligen Führungssituation.
Folgende Grafik soll das verdeutlichen.
Spannungsverhältnis guter Führung
(1) Mit ‘flexibel’ meinten die Studenten die Kompetenz, Standpunkte, Meinungen, Regeln und Vorschriften situativ anzuwenden.
(2) Siehe auch: Peter/Hull: Das Peter-Prinzip oder Die Hierarchie der Unfähigen, Rowohlt Taschenbuch, 18. Auflage
(3) Siehe auch: Blogartikel ‘Führung’
Doppelklick auf Unternehmenskultur:
Generell
Herrscht eine effektive und effiziente Fehlerkultur oder Blame-the-other-Kultur?
Welchen Mindset hat die Geschäftsführung?
Schaut die Geschäftsführung bei Erfolg in den Spiegel und bei Misserfolg aus dem Fenster oder sucht sie Optimierungspotenzial auch bei sich und feiert Erfolge gemeinsam mit der Belegschaft.
Ist die Geschäftsführung der Meinung, alle Mitarbeiter brauchen einen Tritt in den Arsch, weil sie sonst faul herumliegen oder denkt sie, dass jeder nach Entfaltung seines Potenzials strebt und auf dem Weg dorthin gewaltige Energien freisetzen kann.
Welchen Mindset haben die (Führungs)Kollegen?
Herrscht Neid und Missgunst und Freude an Fehler anderer oder ist der Umgang geprägt von Wertschätzung, Hilfsbereitschaft und Leistungswille im Sinne der Sache.
Welche Stimmung herrscht im Unternehmen?
Summen alle den Trott ‘dat hebbt wi schon immer so mögt’ und ‘wat de buer nich kennt dat frett he nich’ oder ist Offenheit für Neues spürbar. Wird gelacht und kollegial unterstützt oder herrscht
Klüngelei a lá ‘die da oben, wir hier unten’ bzw. ‘ihr da vorne, wir hier hinten’.
Doppelklick auf Führungssituation:
Wer wird geführt?
Ältere, jüngere, Azubis, Fachkräfte, Ausländer, Ingenieure, Kaufleute, etc.
Welcher Umstand?
Normaler Alltag, Zeitstress, Krise, Lob, Kritik
Doppelklick auf Ressourcen der Führungskraft:
Motive, Werte, fachlich-methodische Kompetenz (Qualifikation, Ausbildung), Feldkompetenz (Branchenerfahrung), Sozio-kommunikative Kompetenz (Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit), Fähigkeiten (u.a. siehe oben), Eigenschaften (u.a. siehe oben), selbstreflektierte Erfahrungen und gewonnene Erkenntnisse
Jede Führungskraft steht regelmäßig und täglich mehrfach vor neuen Herausforderungen; personeller, struktureller oder prozessualer Art. Je mehr die Führungskraft in der Lage ist, sich und ihre Ressourcen an die jeweilige Situation angepasst zu re-organisieren, desto erfolgreicher ist sie.
Soweit so gut. Und was ist nun mit Charisma?
Für mich ist ein charismatischer Mensch, jemand der integer ist mit Profil, der keine Scheu hat anzuecken, der seine Meinung sagt, ohne andere zu persönlich zu verletzen. Es ist jemand, der mich inspiriert, mich innerlich bewegt und auch zum Handeln motiviert, der mir neue Gedankenanstöße liefert und ohne jegliches Dominanzgehabe zeigt, in welche Richtung der Weg weiterführen kann.
Das sind natürlich nur meine Gedanken über einen charismatischen Mensch. Jeder wird da seine eigene Interpretation im Kopf haben. Das Charisma eines Menschen wird dann seinen Hubraum auf die Straße bringen, wenn er in einer bestimmten Situation eine Viel-/Mehrzahl von betroffenen Menschen mit seinem Denken und Handeln anspricht. Da ist es wieder, das Dreiecksverhältnis Umgebung - Situation - persönliche Ressourcen.
Mal angenommen, Sie sind Fachkraft und wollen eine gute Führungskraft werden. Oder Sie sind bereits in Führungsverantwortung und wollen noch besser werden. Geht das? Und wenn ja, wie?
Zwei Dreisätze auf dem Weg zu einer guten Führungskraft:
1. Selbstreflektion
2. Selbstreflektion
3. Selbstreflektion
1. Erkenne Dich selbst
2. Erkenne die Anderen
3. Erkenne das große Ganze
Wenn zu diesen Erkenntnissen dann auch noch eine uneingeschränkte Veränderungsbereitschaft hinzukommt, ist jeder Weg offen.
Auf dem Weg zu einer guten Führungskraft hilft eine Analyse der Ist-Situation.
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Ihr Sönke Möller
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